Nachrichtenlose Vermögenswerte – eine Chance für Soziale Innovationen!

15.09.2021

Großbritannien setzt nachrichtenlose Vermögenswerte zur Finanzierung sozialer Unternehmen ein

In Groß­bri­tan­ni­en ver­ab­schie­de­te die Regie­rung 2008 das Gesetz über nach­rich­ten­lo­se Bank­kon­ten (Dormant Bank and Buil­ding Society Accounts Act), das den Start­schuss für die Social Invest­ment Who­le­sa­le Bank gab, die 2010 in Big Society Capital umge­wan­delt wurde. Mit 400 Mil­lio­nen Pfund aus nach­rich­ten­lo­sen Konten und 200 Mil­lio­nen Pfund von Banken (Bar­clays, HSBC, Lloyds Banking Group und Royal Bank of Scot­land) als Min­der­heits­ak­tio­nä­re, fun­giert Big Society Capital als Dach­fonds mit dem Ziel, den Markt für soziale Inves­ti­tio­nen im Ver­ei­nig­ten König­reich auf­zu­bau­en. Bisher hat Big Society Capital bewirkt, dass soziale Inno­va­tio­nen mit mehr als 2,5 Mil­li­ar­den Pfund unter­stützt wurden und andere Inves­to­ren ermu­tigt, sich mit 1,8 Mil­li­ar­den Pfund zu betei­li­gen. Mehr als 1.500 Orga­ni­sa­tio­nen nutzen nach­rich­ten­lo­se Ver­mö­gens­wer­te, um soziale und öko­lo­gi­sche Her­aus­for­de­run­gen im Ver­ei­nig­ten König­reich zu bewäl­ti­gen. Während des Bestehens von Big Society Capital wurden über 5.000 Ein­zel­in­ves­ti­tio­nen getätigt.

Die Gelder ermöglichen Unternehmen die Situation der verwundbarsten Gruppen der Gesellschaft nachhaltig zu verbessern

Sozi­al­un­ter­neh­men, die Gelder von Big Society Capital oder Inter­me­diä­ren erhal­ten, schaf­fen es über ver­schie­dens­te Geschäfts­mo­del­le die Situa­ti­on der schwächs­ten Gruppen der Gesell­schaft zu ver­bes­sern und ihnen eine sinn­vol­le Teil­ha­be zu ermög­li­chen. Sie ori­en­tie­ren ihre Mission an den 17 Nach­hal­tig­keits­zie­len der UN und inspi­rie­ren darüber hinaus andere Teil­neh­mer des Wirt­schafts­sek­tors, ihre Geschäfts­mo­del­le zu über­den­ken, damit eben­falls Win-Win-Situa­tio­nen für alle ent­ste­hen. Es sind Pio­nie­re, die den Wandel unserer Gesell­schaft mit posi­ti­ver Wirkung gestalten.

Soziale Unternehmer:innen sehen das geschaffene Ökosystem rund um die nachrichtenlosen Vermögenswerte kritisch und haben Verbesserungsideen

Trotz der posi­ti­ven Wirkung der Sozi­al­un­ter­neh­men und vieler Inter­me­dia­re, die ohne Big Society Capital so nicht exis­tie­ren würden, kann und sollte die Art und Weise, wie Big Society Capital ope­riert, kri­tisch hin­ter­fragt werden. Kri­ti­ker stellen vor allem die unan­ge­mes­se­nen Inves­ti­ti­ons­be­din­gun­gen in Frage, ein­schließ­lich der hohen Kapi­tal­kos­ten (zumeist in Form von zu hohen Dar­le­hens­zins­sät­zen) und der gerin­gen Risi­ko­be­reit­schaft, ins­be­son­de­re für die­je­ni­gen Unternehmer:innen, die streng nach der Defi­ni­ti­on eines Sozi­al­un­ter­neh­mens handeln und ihre Wirkung vor das Streben nach Gewinn stellen. Der oft lang­wie­ri­ge Fund­rai­sing-Prozess und eine nicht auf Augen­hö­he statt­fin­den­de, miss­traui­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on machen das Leben der Sozialunternehmer:innen nicht leich­ter. Um diese Bedin­gun­gen zu ver­bes­sern, müssen erstens güns­ti­ge­re Zins­sät­ze ange­bo­ten werden und es braucht gedul­di­ges Kapital, das über große Zeit­ho­ri­zon­te ver­füg­bar gemacht wird. Zudem benö­tigt es ein Manage­ment das nicht nur die Werte, sondern auch die Denk­wei­se von Sozi­al­un­ter­neh­mern ver­steht und den not­wen­di­gen Respekt für die Bemü­hun­gen von Sozi­al­un­ter­neh­mern auf­bringt. Durch eine ver­bes­ser­te Manage­ment­struk­tur wird es dem Dach­fonds zudem ermög­licht, sich schnell an Ver­än­de­run­gen des Sektors anzu­pas­sen. Außer­dem müssen bis­he­ri­ge Finan­zie­rungs­in­stru­men­te über­dacht und besser an die Bedürf­nis­se von Sozi­al­un­ter­neh­men ange­passt werden.

Deutschland sollte aus den Fehlern lernen & Sozialunternehmer:innen mit passendem Kapital stärken

Es ist nun an den poli­ti­schen Akteu­ren in Deutsch­land, welche Ziele sie mit der Ein­rich­tung eines eigenen Social Impact Fonds errei­chen wollen. Klar ist, dass die nach­rich­ten­lo­sen Ver­mö­gens­wer­te ein großes Poten­zi­al dar­stel­len, um posi­ti­ve gesell­schaft­li­che Wirkung über Sozi­al­un­ter­neh­men zu erzie­len. Frag­lich ist nun, wie genau diese Wirkung gemes­sen und damit ein­her­ge­hend Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen getrof­fen werden. Zudem muss ent­schie­den werden, wie zwi­schen Wirkung und Pro­fi­ta­bi­li­tät prio­ri­siert wird. Werden zu nied­ri­ge Ren­di­te­er­war­tun­gen geschaf­fen gibt es die Gefahr von Effi­zi­enz­ver­lus­ten, Manage­ment­de­fi­zi­ten und mög­li­cher­wei­se sind andere Co-Inves­to­ren nicht in der Lage mit­zu­in­ves­tie­ren. Dennoch steckt ein enormes Poten­zi­al in den sozi­al­un­ter­neh­me­ri­schen Lösun­gen, die keine markt­üb­li­chen Ren­di­ten erzie­len können. Nach­rich­ten­lo­se Ver­mö­gens­wer­te bieten, eine ein­ma­li­ge Chance für unkon­ven­tio­nel­les Denken und das Expe­ri­men­tie­ren mit sozia­len Inno­va­tio­nen für tief­grei­fen­de, posi­ti­ve Wir­kun­gen und sys­te­mi­sche Ver­än­de­run­gen. Hier liegt eine Mög­lich­keit sich nicht auf die aktu­el­len wirt­schaft­li­chen Grund­sät­ze beschrän­ken, sondern neu zu denken. Sozialunternehmer:innen sind bereit für die sys­te­mi­sche Trans­for­ma­ti­on, geben wir ihnen pas­sen­des Kapital.

Dieser Artikel basiert auf einer For­schungs­ar­beit zu den Effek­ten von Social Impact Invest­ment aus nach­rich­ten­lo­sen Ver­mö­gens­wer­ten in Groß­bri­tan­ni­en. Falls du dich für Details der Arbeit inter­es­siert, schreib mir gerne!

Gastbeitrag
Joshua Land
B.Sc. Economics TU Berlin

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