Der Maßstab, der uns leitet: Wirkung

21.02.2020

Der Maßstab, der uns leitet: Wirkung

Das große Poten­zi­al von Social Entre­pre­neurs ist es, Inno­va­ti­ons­im­pul­se für kom­ple­xe gesell­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen zu geben – sie ent­wi­ckeln soziale Inno­va­tio­nen. Die Währung ihres Erfolgs ist: posi­ti­ve gesell­schaft­li­che Wirkung. Das ist auch eine Herausforderung.

Ich gebe es offen zu: Wenn die Nach­rich­ten­spre­che­rin den aktu­el­len Geschäfts­kli­ma­in­dex bekannt gibt oder eine Wachs­tums­pro­gno­se, werde ich manch­mal nei­disch. Nei­disch auf die Ein­fach­heit dieser Zahlen. +3, super! Oh, nur 1,5, schwie­rig, aber die Zeiten sind ja so. Da muss man jetzt inves­tie­ren. (Beim zweiten Nach­den­ken kommt man ja nicht um den Gedan­ken herum: Ist das nicht absurd, Rea­li­tä­ten und Ent­wick­lun­gen in Zahlen wie diese zu pressen? Aber ja, schön einfach ist das.)

Komplexität gerecht werden

„The uni­ver­se is messy, deal with it.” sagt Sys­tem­den­ke-Pio­nie­rin Donella Meadows in ihrem Buch „Systems Thin­king”. An diesen Satz muss ich dieser Tage oft denken. Warum?
Nun, das oberste Ziel von Social Entre­pre­neurs ist es, einen Beitrag zur Über­win­dung gesell­schaft­li­cher Her­aus­for­de­run­gen zu leisten – das zeigen auch die Zahlen zu Moti­va­ti­on und Trei­bern im aktu­el­len Deut­schen Social Entre­pre­neur­ship Monitor. Mit Unternehmer*innengeist gehen Social Entre­pre­neurs neue Wege, ent­wi­ckeln neue Ansätze und ver­brei­ten diese. Viele nehmen die SDGs, die UN Nach­hal­tig­keits­zie­le, als ihre Bezugs­grö­ßen – im aktu­el­len Deut­schen Social Entre­pre­neur­ship Monitor wählen die meisten die Ziele “hoch­wer­ti­ge Bildung”, “nach­hal­ti­ger Konsum und Pro­duk­ti­on”, “Gesund­heit und Wohl­erge­hen” und “Men­schen­wür­di­ge Arbeit und Wirtschaftswachstum”.

Wirkungsebenen verstehen

Gesell­schaft­lich Wirken kann man auf ver­schie­de­nen Ebenen: Direkte (Dienst)Leistungen anzu­bie­ten ist eine davon (z.B. eine neue Schule betrei­ben mit alter­na­ti­ven Bil­dungs­kon­zep­ten). Diese kann man ska­lie­ren – dann hilft man direkt vielen und immer mehr Men­schen (viele Schulen betrei­ben…). Doch man bleibt unter Umstän­den dabei, auf Sym­pto­me eines Pro­blems zu reagie­ren (Das System Schule dient nicht immer der Poten­zi­al­ent­fal­tung). Ziel von Social Entre­pre­neurs ist es aus unserer Sicht, immer auch eine Ebene tiefer zu gehen und dort anzu­set­zen, wo Pro­ble­me ent­ste­hen – bei den sys­te­mi­schen Ursa­chen. Die Logik dahin­ter: Nur, wenn es uns gelingt, auch auf dieser Ebene zu wirken, haben wir eine Chance, Pro­ble­me wirk­lich zu über­win­den. In unserem Bei­spiel: Will ich schaf­fen, dass Schulen der Poten­zi­al­ent­fal­tung dienen, reicht es wahr­schein­lich nicht, ein­zel­ne andere Schulen zu betrei­ben. Sondern ich muss mich viel­leicht auch für Ver­än­de­run­gen in der Leh­rer­aus­bil­dung ein­set­zen und mit Eltern und anderen gesell­schaft­li­chen Akteu­ren arbeiten.

Woran wir uns messen lassen

Wichtig für Social Entre­pre­neurs ist: Sie errei­chen ihre Wirkung mit ganz unter­schied­li­chen Orga­ni­sa­ti­ons­for­men. Ob gemein­nüt­zig, hybrid oder als Social Busi­ness, das Gewinne voll­stän­dig wieder der Orga­ni­sa­ti­on und ihrer Mission zukom­men lässt: Wirkung ist der oberste Maßstab. Nicht mone­tä­rer Gewinn. Nicht Orga­ni­sa­ti­ons­wachs­tum. Wie aber beschrei­ben und kom­mu­ni­zie­ren wir Erfolg ver­ständ­lich und trans­pa­rent, wenn dieser nicht an Gewinn (“yay, Mil­lio­nen!”), Orga­ni­sa­ti­ons­wachs­tum (“yay, 5 neue Stand­or­te und 50 Mitarbeiter*innen”) gekop­pelt ist? Ein erster Schritt ist es sich an den direk­ten Dienst­leis­tun­gen messen zu lassen (der Output, “yay, 500 Bäume gepflanzt”) – aber wie geht das auf sys­te­mi­scher Ebene?

Hausaufgabe für Social Entrepreneurs

Diese Her­aus­for­de­rung gibt uns Social Entre­pre­neurs und denen, die sie beglei­ten, eine wich­ti­ge Haus­auf­ga­be: Wir müssen Wir­kungs­ori­en­tie­rung leben, müssen diesen Maßstab mit Leben füllen. Ein wich­ti­ger Bau­stein: Trans­pa­renz über unsere lang­fris­ti­gen Wir­kungs­zie­le und den geplan­ten Weg dorthin. Wir müssen unsere Annah­men über den Stand der Welt und die Ver­än­de­run­gen, die wir errei­chen wollen, dar­stel­len. Und dabei über den eigenen Tel­ler­rand hin­aus­schau­en: welche Akteure arbei­ten an ähn­li­chen Zielen, mit den glei­chen Ziel­grup­pen und wie können wie mit diesen koope­rie­ren? Diese Wir­kungs­mo­del­le werden im Ide­al­fall beglei­tet von Wir­kungs­mes­sung – quan­ti­ta­tiv, wo möglich, anek­do­tisch, wo nötig. All dies kann dann Basis sein für fun­dier­te Gesprä­che über unser Tun und Wirken. 93,9% der DSEM-Social Entre­pre­neurs haben Wir­kungs­zie­le für ihre Orga­ni­sa­ti­on fest­ge­legt oder planen dies – das ist ein guter Anfang, da bleiben wir dran.

Rahmenbedingungen, die wir schaffen müssen

Natür­lich gibt es Rah­men­be­din­gun­gen, die uns auf diesem Weg helfen. Und egal, ob man in Rich­tung Impact Inves­t­ing Szene oder in Rich­tung Social Entre­pre­neurs schaut, kommen sie immer wieder auf den Plan.

  1. (Aus)Bildung: In Gründer*innenberatung und ‑beglei­tung brau­chen wir qua­li­fi­zier­tes Per­so­nal, das bei der Erar­bei­tung von Wir­kungs­mo­del­len unter­stützt. Bestehen­de Struk­tu­ren müssen wei­ter­ent­wi­ckelt werden, um einer Aus­rich­tung auf gesell­schaft­li­che Wirkung gerecht zu werden.
  2. För­de­rung von Eva­lua­ti­on und Wir­kungs­for­schung: Als Startup oder kleine Initia­ti­ve die Ebene Wir­kungs­mes­sung gleich mit zu bear­bei­ten, ist eine ope­ra­ti­ve Her­aus­for­de­rung. Helfen würden hier bessere Zugänge zu beglei­ten­der Eva­lua­ti­on und For­schung, z.B. durch einen Fond für Wir­kungs­for­schung und Beglei­tung, der für Social Entre­pre­neurs leicht zugäng­lich ist.
  3. För­de­rung und Finan­zie­rung anders angehen: Ist Wirkung unser Ziel, starten wir mit Annah­men über die Welt, die wir oft in vielen Schlei­fen von Aus­pro­bie­ren und Lernen ver­fei­nern. Entlang dieser Lern­kur­ve passen sich – im Ide­al­fall – auch Stra­te­gie und Akti­vi­tä­ten an. För­de­rung und Finan­zie­rung lassen für diese Kurs­an­pas­sun­gen heute aber oft noch keinen Raum. Das müssen wir ändern, wollen wir Wirkung kon­se­quent in den Vor­der­grund stellen. Anre­gun­gen für För­de­rer und Finan­zie­rer hat Ashoka gemein­sam u.a. mit der Skoll und der Schwab Foun­da­ti­on gerade herausgebracht.

Hier ist jede*r Social Entre­pre­neur gefragt und alle, die mit ihnen arbei­ten, sie fördern und beglei­ten. Politik und Ver­wal­tung können för­der­li­che Rah­men­be­din­gun­gen ermög­li­chen, damit wir mit­ein­an­der schnell Wege finden, die Erfolgs­for­meln posi­ti­ven gesell­schaft­li­chen Wandels so ver­ständ­lich zu machen wie einen Geschäftsklimaindex.

Ihr möchtet Euch gleich dem Thema Wirk­sam­keit widmen? Hier drei Empfehlungen:

  1. Nutzt den Social Report­ing Stan­dard für Bericht­erstat­tung nach außen und Steue­rung nach innen für eure Organisation
  2. Lest Euch ein zum Thema Wirkung im Kurs­buch von phineo.
  3. Inter­es­se an sys­te­mi­scher Wirkung? Dann sind die Arbeits­blät­ter und Anlei­tun­gen unter www.changemaking.net das Rich­ti­ge.

Viel Spaß!

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